Willibrord Haas
Er erfindet sich auf seinen Leinwänden. Sie sind ihm "fliegende Inseln", auf ihnen hebt er ab, lässt er die Farben schweben und fliegen und fügt sie zu Klängen, die bis in die Bildtitel ihre poetische Intention offenbaren: "Rot umgarnt", "Paarlauf", "Zwillingslachen", "Himmelfahrt", "Schätze der Tiefe". Harmonie und Rhythmus sind ihm wichtig. Dazu lässt er die Linien tanzen, die Farben jauchzen. So entstehen seine "durchfreuten", orphischen Plädoyers auf die Phantasie und die Empfindung.
Das Aquarell - und selbst seine großen Leinwände lasiert er mit wasserverdünnten Acrylfarben - bietet ihm dabei jene Transparenz und Leuchtkraft, die ihn beglückt ausrufen lässt: "Was klingt lebt, wirkt, ist!" Er macht kein Hehl aus seinem Drang nach Harmonisierung. So formuliert er heitere Dialoge, schwelgt in Bachschen Kantaten oder schwärmt von Kondensstreifen im Himmelblau. Es ist, als schwadroniere da einer in schwerelosen Gefilden, als spüre er in glückhaften Momenten den verschiedenen Universen nach, wo selbst der Tod kein Schrecken mehr hat. Auch wenn er - wie etwa in seinen Aquatintaradierungen - die Kraft der Farben probiert und sich an deren gesättigten Dunkelheiten berauscht. Aber selbst in ihnen feiert er noch die "verführerische Schönheit finsterer Gedanken". Es sind allesamt Hymnen auf die Grundfarben Rot, Gelb und Blau, die er warum und tief aufleuchten lässt, eins mit sich und dem All.
Die Herkunft solcher Euphorie: Er ist groß geworden mit Chorgesang und Hausmusik, und Kunst ist ihm seither seelische Heimat, "heiliger Bezirk" und manchmal "Rettungsanker". So lässt er seine Seele fließen und sich verführen von "inneren Bränden".
Am Ende das Bild als Wunder und Energiefeld, als Abbild beschwingter Daseinsfreude.
Dr. Maren Kratschmer-Kroneck
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