S.O. Hüttengrund
Menschen im Schein ihrer Bilder
Siegfried Otto Hüttengrund läßt den Menschen wandeln und schöpferisch werden in dem Gesichtsfeld der ihn umgebenden Natur. Der Mensch in seiner kontrollierbaren und oft auch unkontrollierbaren Tätigkeit geht einen Weg, der für den Künstler ein Anfang ist, so daß für ihn das Ende des ersten Mals immer der Anfang des zweiten ist.
Dies sind Gedanken des Künstlers, die er aus der Feststellung heraus formuliert, daß Lebensschritte ein Prozeß der ständigen Entwicklung sind. Doch diese Entwicklung muß stagnieren, wenn der Mensch - dargestellt beispielsweise in der Figur des „Gauklers" - im Moment des Auftritts auf der Lebensbühne sich Fäden spannt, um sich ein scheinbares Lebensbild zu schaffen, das ihn doch eigentlich nur einengt in der Suche nach höheren Erkenntnissen. Dieses Pseudoschützende ist gefährlich und intolerant in der Beziehung zum täglichen Umfeld, in dem der Mensch als Individuum lebt.
Das menschliche Sein in funktionstüchtiger Bedeutung entwickelt sich im Werk Siegfried Otto Hüttengrunds von Anfang an systematisch. In den Landschaftsbildern aus den Jahren 1983 bis 1986 ist die Natur geprägt von Gegensätzen, die Sinnbild erosiver Naturschauspiele sind. Bizarre, streng gegliederte Formen reißen Gebirgsmotive (Mala Fatra) auseinander, die Landschaft öffnet sich in ihrer unendlichen aufbrechenden Weite.
Die Umweltproblematik im Prozeß des Zerstörtseins und des Zerstörtwerdens beschäftigt den Künstler in diesen Arbeiten. Durch betont schwarze Flächen erhalten die Landschaften oft einen dämonischen Eindruck. Ein Wechselspiel von Hell und Dunkel wird zum Symbol der sich schützenden Natur gegen das einbrechende Unheil der bewußten Zerstörung. Dieses wird inhaltlich und künstlerisch aufgenommen in der vielfältigen „Pandora"-Thematik, die den Künstler in Arbeiten der letzten Jahre beschäftigt. In weiträumigen, durch schockartige Farbkontraste (rote Haarmähne) betonten Ölbildern läßt Siegfried Otto Hüttengrund Pandora, die Allbeschenkte, symbolisch alle ihr nachgesagten Übel über die Menschheit bringen. Zu sehen ist darin ein Zeichen von Warnung und Mahnung zugleich. Ist die Menschheit in der Lage, zerstörenden Versuchungen zu widerstehen?
In den Holzrißarbeiten zu dieser Thematik wird das Setzen der Achtungszeichen verstärkt durch Einbeziehung von Metaphern und Symbolen, die der Künstler unter anderem in der griechischen Mythologie, im Mittelalter, in der Renaissance und in aktuellen Zeitgeschehnissen findet. Das Malerische im Gleichklang zu empfinden mit der Ausdrucksform der Holzrißarbeiten erscheint im Werk von Siegfried Otto Hüttengrund von Wichtigkeit. Das mit viel Aufwand entstandene Liniengerüst in den Druckstöcken (in der Ausstellung zu sehen) wird durch betonte Flächen aufgelockert. Dieser samtartig wirkende Duktus steht im Kontrast zu den schroffen und kantigen senkrechten, waagerechten und diagonalen Linien. Hier einzuordnen sind die Porträtarbeiten zur Thematik „500 Jahre Entdeckung Amerikas", die zu den neuesten Arbeiten des Künstlers gehören. Da wird nicht allein das Gesichtsbild eines Menschen offenbart, es wird eher ein Trugbild herausgearbeitet, Visionen entstehen. Der „Konquistador" ist der Machthaber und spanische Eroberer. Siegfried Otto Hüttengrund bringt das Erscheinungsbild dieser Machtstruktur in geheimnisvollen, teilweise surrealistisch wirkenden Symbolen zum Ausdruck.
Im Inhaltlichen und der künstlerischen Handschrift liegt das Wechselverhältnis des Meditierens zwischen dem Künstler und dem Betrachter. Wir sollten die Vielseitigkeit der nachdenklich stimmenden Bildangebote aufnehmen. Den Wert des Ursprungs unserer Lebensmaxime gilt es zu bewahren, ihn zu behüten wie den Gral, den Siegfried Otto Hüttengrund zu einer neuen Bildthematik gewählt hat. Hier experimentiert er erneut im Ineinanderfügen farbiger Druckstöcke und läßt neue Bilder im Bild entstehen.
Georg Felsmann
zurück zur Liste