Renate Jüttner
Schrei wie ein Fisch!
Klopfe an die Türen mit diesen Bildern,
denen sich nichts öffnet als Mißtrauen.
Denn die Welt wird immer vorsichtiger
gegenüber dem fremden Leiden und
der unbequemen Herausforderung, es
anzuerkennen.
Hättest du wenigstens ein Schneckenhaus, eine gewundene Bleibe in deren Gängen der Sommerwind singt wie in einer Äolsharfe. Aber das hörst du nicht mehr, bist längst gestorben an deiner Aushäusigkeit, an deiner Sucht zur Entblößung.
An deinem eigenen Dasein.
Und dann sind da die Bilder – und keiner
stellt „die Laterne der Barmherzigkeit“
zu ihnen.
Unbeleuchtet dämmern sie vor sich hin,
verworfene Wegweiser. Wer bist du auch, daß du Nachdenken forderst, wo fremder Eigennutz den hellen Tag bestreitet und Zarathustra, ein armer Irrer, auf den Stufen liegt fremder Selbstgerechtigkeit, ein müder
Arbeiter im Weinberg ohne Früchte.
Du hast schon mehr Bäume sterben
sehen, als du Briefe an die Verantwortlichen schreiben konntest.
Du hast Vögel gerettet, weil du an den
Himmel glaubst.
Was ist, wenn du Farben gebrauchst,
um zu reden, was du nicht sagen kannst?
Es wird nur einer der Wege sein, zu
erreichen – und es ist immer der Weg
der wie jeder, den du wählst, ins Irrsal
führt.
Du weißt es längst, daß da nichts ist als Ödnis und daß der Gedanke Heimat zum
lächerlichen Stück Leinwand wird, mit
Farben beschmiert, mit Terpentin...
Daß da eine leere Jacke gemalt ist.
Das war alles.
Aus dem Essay:
Der Begriff Heimat , 2001
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