Eberhard Dietzsch
Zwölf einzelne Bildtafeln hat der Maler Eberhard Dietzsch zu einer Bildfolge der Aposteldarstellungen vereint. Zwölf Gemälde, als Kopf- und Bruststücke angelegt, von vehementer Sperrigkeit und mit kraftvoll erregender Farbpalette gemalt, in einem Raum gegen- und zueinander gehängt, fast ein Environment von sakraler Bestimmtheit, wäre da nicht das Gehetzte, Gegeißelte und Gequälte im Antlitz dieser Menschen, das er thematisiert. So sieht Dietzsch diese zwölf Menschenbilder, in denen er auf ikonologische Deutungsmuster mit Attributenzuordnung und starrer Farbsymbolik verzichtet, als Gleichnis für die leiderfüllte Seite der Welt und die immer wiederkehrende Möglichkeit menschlichen Barbarentums, als dialektische Parabel von historisch überliefertem Bewußtsein und Wahrhaftigkeit des Wirklichkeitserlebnisses.
Eberhard Dietzsch studierte an der Fachschule für angewandte Kunst in Leipzig und wurde durch die Formenlehre des einstigen Bauhausschülers Hajo Rose nachhaltig beeinflußt. Mit spielerischer Phantasie und kompositorischer Strenge galt es, den Bildgegenstand durch vereinfachte, vielmals artfremde Formen zu formulieren und dabei die Farbwerte und sinnlichen Qualitäten unterschiedlichster Materialien zu ergründen. Aus diesem geprägten Sinn für die Verflechtung rationaler und emotionaler Bildelemente, für Formenklarheit und Dekorativität, erwächst auch seine Malerei. Die Landschaften und Städtebilder verraten sich durch eigenwillige Flächenkonstruktionen mit Abwinkelungen, Ansätzen und Verkeilungen, Aussparungen und Einschüben, die von expressiven Farbakkorden begleitet werden. Mit fauvistischem Gespür drückt Dietzsch das Licht im Bildraum durch Farben aus, ordnet die Bildzonen durch kantig - wuchtige Farbflächen und reduziert die erschauten Naturformen auf bildnerische Chiffren. Durch die monumentale Hervorhebung alltäglicher Stadtmotive äußert sich ein unverbrauchter Blick, der das Charakteristische gewachsener Architektur nicht in der Fremde, sondern in der Wahrnehmung lokaler Stadtsilhouetten findet. Aber im Maler steckt auch immerein Zeichner. In seinen Tierbildern schafft Dietzsch durch eine weitestge-hende formale Vereinfachung urtümliche Gestalten von archaischer Hieroglyphik, bei denen lediglich ein Minimum der körperdefinierenden Linien das Konturgerüst der Figur bilden. Die Kunst des Eberhard Dietzsch ist nicht voraussetzungslos. Sie bekennt sich zu den klassischen Maltraditionen der Moderne und entspringt aus der Selbstvergewisserung über das, was das 20. Jahrhundert an künstlerischen Positionen bereichert hat. Vom Kubismus erbte er die Tendenz zur geometrischen Vereinfachung, vom Konstruktivismus die Strenge und Klarheit des Bildaufbaus und vom Expressionismus die Leidenschaft und das Pathos seiner Bildfindungen. Das macht ihn frei vom Alp epigonaler Verdächtigungen und unbekümmert bleibt für ihn ein Bild ein autonomes Werk, daß nicht auf stilistische Absegnung zielt, sondern im jeweiligen Schaffensakt aus innerer Notwendigkeit bewältigt werden muß.
Holger Saupe
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