Regina Franke
Regina Franke begleitet ihre Blätter zwar mit dem Wort; die begrifflichen Formulierungen, die sie aufnimmt aus Literatur und Dichtung, sind freilich alles andere als Beihilfe für Zugänge zu ihrer Kunst: Die Übereinkunft der Reflexion mit Literatur ist zum Bild geworden. Begriffe oder Sujets sind Initial für die Verdichtung elementarer menschlicher Zustände in der Grafik. Regina Franke nimmt kaum den ganzen Körper des Menschen in Anspruch, und wenn, dann müssen die Silhouetten genügen: Sie charakterisiert den Zustand in der Bewegung, der Körperhaltung; oft ist es der Torso, der für alles spricht. So, als wäre das Bildformat mitsamt seinem Rahmen ohnehin unzulänglich und dem Schicksal wie dem Drang, ihm zu entgehen, im Wege. Stürzen und Fallen, Aufstehen - das waren längere Zeit jene momentanen Auslieferungen und Entscheidungen, mit denen der Mensch zu reagieren vermag oder in die er scheinbar machtlos und mutlos auch verwickelt ist. Aber Regina Franke hat in den letzten Jahren ihr grafisches Vokabular aufgerichtet, sie sucht in reflexiven Vorgängen den aktiven, sich wehrenden, sich aufrichtenden Charakter: Es mag mit jenem Vorgang eine große Hoffnung eingekehrt sein, als der Zyklus großformatiger Handzeichnungen "Verstehen / Widerstehen / Bestehen" unter ihren Händen wuchs. Zuwendung ist eine der Folgen, aber die Abwendung ist nicht verschwiegen, denn Regina Franke beschönigt nichts. Sie sieht den ganzen Menschen, und er ist ihre ganze Hoffnung. Noch immer bleibt der Mensch des Menschen Hoffnung.
Reinhold Lindner
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