Hans-Georg Schellenberger
Er konserviert auf wunderbare, eindringliche Weise ein Stück "verlorener" Flora und bewahrt sie - behutsamer Chronist - mit stillem Protest, bevor sie endgültig vergeht. So setzt er mit erregter Sensibilität und großem Respekt vorm unscheinbaren Detail auf Besinnung. Etwa wenn er sich in ein Stück Waldboden versenkt und dessen chaotische Struktur ergründet, freilich mit dem Wissen um wohlkalkulierte ästhetische Ordnungsprinzipien. Es ist, als fixiere er eine sich rein zufällig ergebende Situation, doch er richtet sie mit Detailüberschärfe und feinsten Nuancen an, zelebriert akribisch Naturzitate, kostet alles mit fotogenauer Brisanz kulinarisch aus und wandelt es - u.a. mittels Vergrößerung - auf magische Weise in Übernatürliches. Dabei bleibt die Farbigkeit verhalten, doch werden die Tiefen in ihrer Dunkelheit gesteigert. Sie driften dann ab ins Andachtsschwarz. Und siehe: Das Chaos bekommt einen elegischen Klang, und aus Hingewelktem, Abgestorbenem bricht zuweilen zaghaftes Dennoch-Grün. - Kunst als ultimatives Zeugnis von Existenziellem. Am Ende ists tiefsinnige Metapher gegen das Vergessen.
Dann aber auch wieder der konsequente Schritt zur Abstraktion, zur totalen Befreiung vom Gegenstand hin zur Kür ohne Abbildforderung. Er überzieht große Flächen mit einem Musterteppich und betreibt ein feinnerviges kalligrafisches Spiel mit flimmernden und flirrenden Zeichen. Er nennt es "Choreografie" und verweist damit einmal mehr auf seine sensitive künstlerische Regie, indem er die Flächen in tänzerischer Dynamik und Rhythmik schwingen und changieren lässt.
Dr. Maren Kroneck
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